Gestern noch Kollegin und heute ist alles anders
Endlich ist sie da – die heiß ersehnte Beförderung. Du hast es geschafft – vom Kollegen zum Vorgesetzten. Der bisherige Chef ist weg und jetzt werde ich meine Chance nutzen. Ein paar Dinge ändern, ein paar Dinge neu einführen und schon läuft es. Mit den Kollegen gibt es ja kein Problem. Schließlich haben wir uns immer super verstanden und sind oft zusammen zum Mittagessen gegangen. Bis auf den einen, der sich immer abgesondert hat, weil er mit dem bisherigen Chef nicht konnte. Aber den krieg ich schon mit ins Boot…
Vielleicht kennst du das? Als du befördert wurdest, oder als eine deiner Kolleg:innen auf der Karriereleiter einen Schritt nach oben gemacht hat? Vielleicht hast du schon am eigenen Leib erlebt, dass das gar nicht so einfach ist?
Vorsicht Falle – Konflikte sind vorprogrammiert
In den seltensten Fällen klappt da aus meiner Erfahrung heraus tatsächlich so einfach. Im Normalfall bringt so eine Veränderung das Team erst mal wieder durcheinander. Es muss sich wieder neu sortieren und ausloten. Auch wenn man sich gut kennt und bisher prima verstanden hat. Das ist die Krux an der Geschichte. Denn plötzlich bist du nicht mehr Teil der Gruppe. Die Kommunikation und das Miteinander verändert sich. Täuschst du dich, oder sind Gespräche verstummt, wenn du den Raum betrittst?
Viele Unsicherheiten – auf beiden Seiten
Wie wird sich die bisherige Kollegin als Chefin verhalten? Wird es Bevorzugungen geben? Bisher war sie selbst bei kleinen Kaffeepausen dabei – wird sie die auch in Zukunft dulden? Oder wird ein anderer Wind wehen, weil sie weiß, dass wir locker 10% mehr machen könnten? Es gibt viele Unsicherheiten und Fettnäpfchen, die auf die neue Führungskraft warten. Und der interne Aufstieg bringt besondere Fallstricke mit, als wenn die Chefin von außen oder aus einem entfernten Unternehmensbereich kommt.
Die größten Herausforderungen – der Tanz auf dem Drahtseil:
Flache Hierarchen sind im Vormarsch. Doch trotzt aller kulturellen Bemühungen bleibt ein bisschen Hierarchie immer bestehen. Und letztlich trägt die Führungskraft auch immer die Verantwortung für die Mitarbeiter, das Team und die Ergebnisse. Die Art der Führung und der Zusammenarbeit verändert sich generell gerade sehr und Hierarchien haben oftmals weniger Bedeutung im Miteinander. Doch beim Wechsel der Rolle innerhalb des Teams durch eine Beförderung scheinen sie manchmal wieder sehr präsent. Denn der Aufstieg in der Position trennt zunächst einmal – schließlich bist du nun verantwortlich für Leistungsbeurteilungen, Gehaltserhöhungen, Urlaubsgenehmigungen, Arbeitsverteilung und ähnliche Themen (die Ausprägung ist je nach Unternehmenskultur sehr unterschiedlich).
Außerdem können deine Mitarbeiter:innen vielleicht aktuell nicht einschätzen, was sich ändern wird. Wie du deine Rolle ausfüllen möchtest. Welche Erwartungen du hast – an sie, an das Team, an dich selbst. „Neue Besen kehren gut“ – das trifft auch zu, wenn innerhalb des Unternehmens der Aufstieg erfolgt. Vielleicht besteht die Sorge, dass du dir und allen anderen etwas beweisen möchtest. Und erstmal alles umkrempelst? Auch wenn du das vielleicht gar nicht vor hast. Wichtig ist es sehr früh die gegenseitigen Erwartungen zu thematisieren und zu klären. Kommunikation ist das Schlüsselwort. Auch wenn du zum Beispiel mit der einen Kollegin besonders gut kannst, mit dem anderen Kollegen eher ein angespanntes Verhältnis hast. Wie wird sich das auf deine Führungsrolle auswirken? Wirst du fair sein?
Du bist nun ein Vorbild – alle Augen sind auf dich gerichtet
Wie gestaltest du deinen Arbeitstag? Wann beginnst du, wann beantwortest du E-Mails, wann machst du Feierabend? Auch das wird ein Thema sein. Denn du bist nun der Leitwolf des Teams und somit Vorbild. Erwartest du von deinen Mitarbeiter:innen ähnliche Arbeitszeiten? Wie verhältst du dich? Wieviel Vertrauensvorschuss bist du bereit zu geben? Und wie gestaltest du die Delegation von Aufgaben?
Vielleicht hat sich Robert auch auf die Stelle beworben? Oder Sabrina? Und du hast den Job nun. Auch das kann Spannungen auslösen. Hier hilft nur proaktives Annehmen der Situation. Gehe auf die beiden zu. Suche Möglichkeiten, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen. Gibt es eine spannende Projektleitung? Oder eine andere Alternative für Weiterentwicklung und Potenzialförderung?
Das sind einige wichtige Fragen, die du dir in deiner neuen Rolle stellen solltest. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend und du hast vielleicht ganz andere Nüsse zu knacken. Glücklicherweise musst du das nicht alleine tun! Hol dir Unterstützung, die für dich passt. Das kann ein Training sein, ein Coaching. Es kann dir eine erfahrene Mentorin im Unternehmen helfen oder der Austausch mit Kollegen, die das gleiche erlebt haben. Und ein sehr persönlicher Tipp: Freue dich auf diese Entwicklungsreise! Du wirst Fehler machen. Das gehört dazu. Du würdest so manches in der Rückschau anders machen. Egal! Mach das beste daraus und sammle deine Erfahrungen. Wenn du in guter Kommunikation mit deinem Team und deinem Reisebegleiter bist, kannst du alles meistern.
Das Thema ist nicht neu – und doch so aktuell
Mein erster Artikel dazu liegt nun schon einige Jahre zurück – hier nachzulesen im XING-Magazin. Durch die zunehmende mobile Arbeit können sich die Herausforderungen noch verstärken. Im virtuellen Miteinander kommen Konfliktpotenziale oft spät ans Licht. Außerdem fällt es leichter sich aus dem Weg zu gehen, wenn von zuhause gearbeitet wird. Diese Veränderungen stellen Teams auch ohne Führungswechsel auf die Probe. Vor allem, wenn wir hybride Arbeitsmodelle haben – das heißt teilweise Mitarbeiter:innen am Standort, teilweise im HomeOffice. Aber das ist ein anderes Thema, das wir in einem anderen Beitrag beleuchten werden…
Falls du Unterstützung für solch einen Rollenwechsel – vom Kollegen zum Vorgesetzten bzw. von der Kollegin zur Vorgesetzten suchst, dann bist du zum Beispiel bei Sebastian in guten Händen. Weitere spannende Live-Online-Trainings rund um das Thema Führen findest du auch hier. Herzlichen Gruß, Sandra